Milchsuppe

3.Tag

Erstlesealter. Mitte der neunzehnhundertsechziger Jahre. Moskau. Das Buch, welches ich gerade lese, trägt den Titel “Kriminalkommissar K. erzählt”. Darin enthalten ist eine Geschichte von einem LKW-Fernfahrer, der durch dichten Nebel fahren muss und über dieses Wetter – den Nebel – schimpft.

“Diese verfluchte Milchsuppe!” sagt der Fernfahrer im Buch, von dem mir nur wenig in Erinnerung bleibt, außer jenes Wort. Milchsuppe kann ich mir nämlich beim besten Willen nicht vorstellen, weil alle Milch, die ich kenne, stets kalt ist – jede mir bekannte Suppe dagegen immer heiß ist. Milchsuppe müsste demnach kaltheiß sein, oxymoronisch sozusagen. Und damit komme ich nicht klar.

* * *

47 Jahre später ist der 29. März 2014. Ich stehe wie immer 4:30 Uhr auf, pfeife den Hund, sehe heute Nebel und denke “Milchsuppe”.

milchsuppe

Nun hole das Handy aus der Hosentasche und halte den Moment fest, insbesondere für die Ewigkeit des alltäglichen Netzes. Damit die Nachunskommenden wissen, was ich mit dem Bild meine, nenne ich es “Milchsuppe”.

* * *

Google “Milchsuppe”, finde ein Rezept …

milchsuppe_rezept

und halte das für eklig.

Autofreier Sonntag

Sind wir beide also losmarschiert, Hund und Herr, Sonntagmorgen, 4:30 Uhr, von Potsdam-Stern bis Kirchsteigfeld.

Das ist eine Strecke, die laut Google-Maps in 28 Minuten zu bewältigen sein müsste, für die aber Mann und Hund 45 Minuten benötigen, weil ja unterwegs alle Bäume berochen werden müssen. Dann eine Stunde bei Granny, Frühstück, …

“Also ich verstehe dich überhaupt nicht mehr!?”

… anschließend zurück in die Wohnhülse, ebenfalls 45 Minuten.

“Autofrei, ich bin dabei!” reime ich unterwegs und muss zugleich über meinen eigenen Quatsch lachen. Wenn man der einzige ist, kann man nicht nur “dabei” sein, da ist man das Zentrum der Bewegung. Deren Motor.

Wer läuft sieht besser – da hat doch einer tatsächlich mitten in protestantisches Kernland eine Bayern-München-Fahne gehisst! – hört Vögel, die wie Klingeltöne klingen und riecht vieles mehr als ein Duftbäumchen.

Anyway: Mein Leben bekommt immer deutlicher Struktur.

Der Sonntag soll von nun an – bis auf Sonderfälle – ohne Auto bleiben, der Montag ohne Nahrung (Entschlackung, Fasten). Mittwochs macht uns Lara lecker Salate mit viel “Grün” und jede Menge “Gesund”. Samstags löffeln wir Suppen.

Das Leben ist ein Spiel. Man schafft meist, ins nächst Level zu kommen. Bis man endlich soweit ist, einen handyfreien Tag. Als Vorstufe für einen riesenlangen ganzen Tag mit ohne Internet. Aber bis dahin, ist noch ein laaanger-laaanger Weg.

😉

Hündische Verhaltensmuster

Nach der dritten Begegnung gleicher Art überlege ich derzeit, wie sich wohl eine Frau mit russischen oder ukrainischen Wurzeln in gleicher Situation verhalten würde:

Gestern. Park. Frau mit Hund an der Leine kreischt mir entgegen:

“Nehm-se Ihren Hund an die Leine!”

Da fällt mir ein: Dieses Weib hatte mich schon einmal aus dem selben Grund angebrüllt, was ich aber schweigend überging. Und auch sie scheint sich zu erinnern – ABER DARUM GEHT ES NICHT.

Statt dessen um das, was ich für typisch halte: Eine Deutsche die Probleme hat, gibt anderen die Regeln vor. Statt also entweder mit dem eigenen Hund zu “arbeiten” oder das Terrain zu meiden.

Aber-Nee: “Platz da, jetzt komme ich!” und:

“Nehm-se alle Ihre Hunde an die Leine! Weil mein Hund keine Hunde mag.”

Meist reagiere ich nicht auf solche Anmache, was die Aufregung deutscher Weiber deutlich steigert– auch typisch? Meist wiederholen dann die Deutschen ihre Kommandos, nur lauter.

Gestern kam ein Mann hinzu, Typ Hutschelzwerg. Sie zeigt auf mich beschwert sich laut:

“Diesem Mann habe ich das schon einmal gesagt. Aber der hört ja nicht!”

In dieser Situation fiel mir ein, dass ich das Pärchen kenne. Ja! Klar: Aus den Zeichnungen von Olga Gromowa.

Hier bitteschön, so sehen sie aus:

einsamer_angler

Quelle: http://vsyako.livejournal.com/47613.html

Ja! Genau so!

Er liest ein Journal für einsame Angler, sie das Kamasutra.

Zurück zur Situation. Der Angler will ihr beistehen und schlägt vor:

“Dann lass doch deinen Hund einmal frei!”

Sollte wohl eine Drohung sein, klang aber – seiner piepsigen Stimme sei dank – ziemlich putzig.

Solche Situation kann ich einfach nicht ohne Gag stehen lassen und sage zum Zwerg: “Ja! Das ist wirklich eine gute Idee!” und wende mich unmittelbar an die komische Frau:

“Tun Sie doch einfach, was Ihr Pfleger sagt. Lassen auch Sie Ihren Hund mal frei!”

Sie lief zeternd ab.

Es bleibt die Frage nach russisch-ukrainischen Verhaltensmustern in gleicher Situation. Lara kann ich derzeit nicht fragen, die weilt in Kiew. Und da mir ohnehin langweilig ist, pumpe ich mir “Die Dame mit dem Hündchen” von Anton Tschechow aus dem Netz.

Die Ausgabe “Tschechow – Sämtliche Werke” kostet nur 4,29 Euro! ~ diese Barbaren!

“Soweit sind wir also gekommen!”, denke ich schon wieder und höre jetzt auf.

Hundeerziehung

2013-05-15 19.27.26Ich nenne sie “antiautoritär”, denn mein Hund muss keine Stöckchen bringen, nie Männchen machen, keine Pfötchen geben oder ähnliche Gesten der Unterwerfung zeigen. So ward er selbstbewusst und Selbstbewusstsein – beobachte ich – macht humorig.

Er läuft meist OHNE LEINE durch Park Sanssouci oder den Babelsberger Park und tut, wenn ihm eine Joggerin oder Radfahrerin entgegen kommt, demonstrativ-desinteressiert. Dabei wartet der Hund nur bis sein Opfer auf gleicher Höhe ist, um plötzlich – WIE EIN BLITZ AUS HEITEREM HIMMEL – loszubellen. Weshalb die meisten Sportler erschreckt zur Seite springen. Was wiederum des Hundes Schwanz zum Wedeln bringt.

Gestern. Eine Parkläuferin vermutet in mir den Besitzer und kritisiert das Verhalten meines Hundes.

“… und Sie sollten etwas unternehmen, Ihr Hund erschreckt ja die Leute!”

Was ich zu relativieren versuche:

“Aber das macht der doch nur aus Spaß. DAS ist doch nicht ernst gemeint.”

Was die Frau allerdings auch ohne Hinweis hätte wissen können: Des Hundes Freude ist offensichtlich.

Morgengelb im Nebel

Was für ein wunder-wunder-schönes Bild: Eine wilde Wiese vor Augen zu haben, aus der sich langsam Nebel erhebt. Vor aufgehender Sonne.

Eine Metapher – aber wofür?

„Alle Natur ist mit dem Gleichen beschäftigt.
Das zu denken ist schön.“
(Volker Braun)

Ein Eindruck, der treibt: Man müsste was tun! Man sollte das festhalten, für die Ewigkeit! Man sollte DAS fotografieren!

Schon habe ich das Handy in der Hand und bemerke gleichwohl, dass das internationale Netz voll ist mit morgendlichen Schönheiten, wie neblige Wiesen, Sonnenaufgänge, frühlingshafte Hänge und sonstig Vergänglichem. Derweil die eigentliche Wiese – die, um die es hier geht – bereits von einem Bauzaun in Besitz genommen. *seufz*

„So sind sie, die Menschen!“, sage ich zum Hund und zitiere Goethe:

„Alles Vergängliche ist denen ja doch bloß ein Gleichnis.“

Das Subway-Es

Sie wollte schon immer – unbedingt! – ein eigenes Auto haben und seit sie es endlich hat, nimmt sie es überallhin mit. Sogar nach New York, wo sich der Portier bei unserer Ankunft über die Potsdamer Nummernschilder wundert.

Als sie wenig später erfährt, dass man den New Yorker Broadway am besten mit der Subway erreicht, fährt sie mit mir als Beifahrer – I am screaming! – durch eine Röhre, mitten hinein in einen U-Bahn-Schacht.

130428_kwhHier war überall „Kilroy was here“ an Wände und Züge gekrakelt, wofür uns ein Cop die Rechnung präsentiert. Obwohl unschuldig, kamen wir nicht gegen dessen Argument an:

Wer mit Auto durch die U-Bahn-Tube fährt, sprüht auch Graffitos!

Klar. Logisch. Dagegen gibt es nichts zu sagen: was wahr ist, ist wahr. Nun geschieht weiterer Wirrwarr bis mich endlich-endlich der Hund weckt.

~~~

Selten ist das Morgengassi so entspannt wie heute.

Verhaltensprojektion

Oh-jeh!, denke ich, wenn nun auch noch der Hund zu bellen beginnt, wird es sehr laut. Und wenn dann auch noch, wie zu erwarten, der Schwanker versucht, mit dem Hund zu interagieren! ~~~ Herrjeminee, Dann ist wohl die gesamte Nachbarschaft geweckt!

4:30 Uhr. Dunkelheit. Hund und ich. Gassi.

Da kommt ein Trunkenbold des Weges daher.

„…
und er begann im Wald
Von einem Stamm zum anderen zu schwanken
Und brüllt dabei die kühnlichsten Gedanken
Laut in die dunkle Nacht hinaus. …“

“Oh-Jeh”, denke ich. Wenn nun der Hund zu bellen beginnt, wird es laut. Und wenn daraufhin der betrunkene Schwanker versuchen sollte, mit dem Hund zu interagieren ~ … LÄRM wird’s. Und dann ist wohl die gesamte Nachbarschaft geweckt.

Nachbarn interessieren sich wenig für das Verursacherprinzip – Nachbarn stellen fest: (M)Ein Hund hat gebellt.

Also beuge ich vor, versuche ich den Hund zu beeinflussen.

“Ruuuhig. – Ruuuhig. – Wir sind gaaanz entspannt. – Der tut dir nichts. – Wir bleiben ruuuhig. – Wir bleiben entspannt. – @Rhabarber-Rhabarber- Rhabarber …”

Siehe da: Der Hund bleibt ruhig. Dennoch – exakt wie beim Hasen im Rausch – schwillt dem Trinker der Kamm. Er brüllt in seinem Tran:

„ISS WAS? – HAST-DE WAS GESAGT? – ZU MIR ETWA?“

Ich bleibe freundlich, ich bleibe “ruuuhig”, flüstere fast:

“Nein. Ich sprach nur mit dem Hund.”

Was tatsächlich deeskalierend wirkt.

“Ach sooo! @… Und ich dachte erst: du bist besoffen.”

Das Flohgleichnis

Ein Hund ohne Floh ist wie ein Mann ohne Frau. Es zwar angenehm, aber überhaupt nicht aufregend. Demgegenüber ist eine Frau ohne Mann wie ein Floh ohne Hund. Es lebt sich zwar ruhig, man hat aber nichts, woraus man Blut saugen könnte.

Diesmal ist sie mitgekommen. Dies, obwohl sie den Hundeplatz nicht mag: Hier ist es ihr zu schmutzig, zu kalt [sic!] – hier sind ihr manche Leute zu „komisch“. Und weil ihr hier manche Leute zu „komisch“ sind, stellte sie uns abseits und beobachtet. Sieht, wie sich Wotan kratzt, und sagt:

“Ein Hund ohne Floh ist wie ein Mann ohne Frau. Es zwar angenehm, aber überhaupt nicht aufregend, …”

*schmunzel*

“… dagegen ist eine Frau ohne Mann wie ein Floh ohne Hund. Es lebt sich zwar ruhig, aber man hat aber nichts, woraus sich Blut saugen ließe.”

Frau Сука – die Hündin

Ist es immer noch witzig, wenn den Witz nur wenige verstehen? Oder ist es gerade deshalb witzig? Und wäre es an dieser Stelle mehr witzig, hätte ich es weniger erklärt?

Сука wird „Ssuka“ gesprochen, besser noch „Ssssssuka“, ist eine russische Vokabel und bedeutet – eigentlich – „Hündin“.

Aber selbst der korrekte Google-Übersetzer kennt weitere Bedeutungen, wie zum Beispiel „boshaftes Weib“, „Luder“ oder „Fotze“. Derweil ich, würde man mich fragen, „Сука“ mit „Miststück“ übersetzen würde.

Aber mich fragt man nicht und – eigentlich – heißt „Сука“ ja auch „Hündin“.

* * *

Wir (Mann, Frau, Hund) sind beim Aussteigen.

Plötzlich bemerkt Lara auf dem Gehweg einen freilaufenden Hund (eine Hündin) und knipst den unsrigen an die Leine. Weshalb dieser wiederum Grund hat, zu bellen.

Derweil das Herrchen der frei laufenden Hündin versucht, die Situation zu deeskalieren. (Es|Er) sagt zu mir:

„Es ist eine Hündin.“

Klar. Jeder Hundehalter weiß: Hündin und Rüde tun sich nichts. Asti hätte demnach nicht unbedingt an die Leine gemusst.

Das zu erleben, ist nicht unbedingt lustig. So meldet sich Mir, mein Unterbewusstsein, zu Wort und spricht aus mir heraus:

„Sie haben überhaupt keinen Grund, meine Frau zu beleidigen!“

Was das uns unbekannte Herrchen nicht „so richtig“ versteht. Offenbar weil er der russischen Sprache, beziehungsweise russischen Sprachgewohnheiten, nicht kennt.

Und so …

„… sind wir schon wieder an der Grenze unseres Witzes, da wo euch Menschen der Sinn überschnappt.“
(Goethe, Faust, Teil 1, Trüber Tag – Feld)

Ist es immer noch witzig, wenn den Witz nur wenige verstehen? Oder ist es gerade deshalb witzig? Wäre es an dieser Stelle witziger, hätte ich es weniger erklärt?

* * *

Die Gegenprobe:

Es ist vor dem Spiel der Berliner Eisbären gegen die Düsseldorfer Eislauf-Gemeinschaft. Irgendeiner fragt in die Runde:

„Habt ihr Campino schon gesehen?“

Insider-Gags – finde ich plötzlich – sind die wirklich-lustigen Gags.

Ironische Prozesse

Nun ist einige Zeit vergangen, ich kann die Geschichte in Ruhe erzählen. Es war im Dreieck Kohlhasenbrück-Wannsee-Dreilinden, wo es sich zutrug, dass wir Moritz – einen reinrassigen Dackel – kennenlernten, sich unsere Hunde gut verstanden und dass auch wir daher – Moritz’ Frauchen und Asterix’ Herrchen – ein Stück des Weges gemeinsam gingen, dabei miteinander immer tiefer in ein Gespräch kommend.

Für den gemeinsamen Weg fanden wir ja auch genügend Themen: Der Kleist’sche Kohlhaas ist nicht unbedingt identisch mit der historischen Figur. Hier, im Dreieck, ist noch das alte Gleisbett der Stammbahn, der ersten Eisenbahnstrecke Preußens, deren Schienen nach dem letzten Großen Krieg in die Sowjetunion verbracht wurden, wie so vieles andere Sehenswerte auch. Nicht zu vergessen die Friedhofsbahn –

“Wussten Sie eigentlich dass am Bahnhof Halensee eine Leichenhalle angebaut war? Von der aus die Berliner Toten mit gesondertem Zug nach Stahnsdorf, zum Friedhof mit gesondertem Friedhofszug transportiert wurden? – Immer jeweils drei Särge, Musikanten und Trauergäste!?”

– und das Grenzgebiet der DDR zu Westberlin

Ehemaliges Grenzland in skurrilem Verlauf. Steinstücken gehört zu Berlin, wie auch “Albrechts Teerofen”. Exklaven, die bis zum Gebietsaustausch umkreist waren, vom bewaffneten Sozialismus.

Die Zeit verging schnell. Auch sie kannte Anekdoten, die sich aus geschichtlichen Sonderheiten ergaben. Es war unterhaltsam, so dass wir uns abschließend auf eine Abschiedsformel einigen, die sie – wie sich später herausstellte – sehr ernst nahm, ich aber für eine Formalie hielt.

“Wollen wir noch einmal gemeinsam spazieren gehen? – Unsere Hunde verstehen sich doch so gut?”

“Ja gern. Ich bin Frühaufsteher. Regelmäßig 7:00 Uhr sind wir hier.”

“Nächsten Sonntag?”

“Ja, gern. Es ist unser Weg, und es ist unsere Zeit.”

Eine Woche verging.

Der Zufall wollte es, dass es am folgenden Sonntag regnete. “Dass es jierschte”, wie die Menschen in Sachsen-Anhalt sagen, wenn es sehr stark regnet. Dergestalt, dass ich es ausgerechnet an diesem Sonntag für ratsam hielt noch etwas zu abwarten. Zumindest bis der Regen vorbei.

Wenig später, inzwischen bereits unterwegs, sah ich sie schon von Weitem – und zwar PITSCHNASS!

“Aber wir waren doch zu 7:00 Uhr verabredet!?”

Hierzu fiel mir als Antwort kein Text ein.

“Waren wir?” hätte ich nicht gegenfragen können. Gegenfragen finde ich doof.

“Tutmirleid” stammelte ich daher nur und hiermit hätte alles erledigt sein können, wenn nicht plötzlich…

Tschutschelo!

Wie ein Blitz schlug dieses Wort in meine Gedanken. Völlig unkorrekt, unhöflich, ja sogar abwertend – aber treffend!

Die fremde Frau, auf mich wartend, dabei völlig durchnässt, sah tatsächlich wie eine Vogelscheuche aus. Dabei ist sie überhaupt nicht hässlich, fast hübsch sogar, jünger als ich, aber nicht zu jung. Klug scheint sie zu sein, gebildet sowieso – dumm ist nur: Ich bin nicht auf der Suche, deshalb nahm ich alles nicht so ernst, wie sie möglicherweise.

Andererseits: Nur weil sich durchnässt und bibbernd aussieht wie “bestellt und nicht abgeholt”, gibt mir dies nie und nimmer das Recht gibt, sie “Scheuche” zu nennen!

Natürlich geriet ich in Konflikt mit meinen neueren inneren Werten.

Zu den neuen Vorsätzen für das Jahr passt eine Abwertung nicht, auch wenn sie noch so treffend sein sollte. So nahm ich mir vor, diese Vokabel zu streichen und sagte zu Mir, meinem Unterbewusstsein:

“Streiche Tschutschelo aus deinen Gedanken!”

Was zur Folge hatte, dass ich drei Tage lang an nicht viel mehr dachte, als an Vogelscheuchen. In allen Varianten: “Vogelscheuche” als Film, “Pugalo” als die korrektere Vokabel, Tschutschelo = Tschudo (Wunder) + chillen und anderes mehr.

“Ich fahre demnächst nach Kiew, was soll ich mitbringen?”

“Wenn Du auf der Pertrowka bist, gucke bitte nach Tschutschelo, den Film mit Nikulin als Großvater und der Kristina Orbokaite in der Rolle der Lena.”

~~~

Dostojewski (Зимние заметки о летних впечатлениях):

«Попробуйте задать себе задачу: не вспоминать о белом медведе, и увидите, что он, проклятый, будет поминутно припоминаться»

Deutsch:

“Geben Sie sich die Aufgabe, nicht an einen Eisbären zu denken und Sie werden feststellen, dass er, der verfluchte, sich ständig immer wieder selbst in Erinnerung bringt.”

Meine Vogelscheuche ist Dostojewskis Bär.

~

Ostern. Es hört auf.

~~~

Heute ist Ostersonntag. Lara ist in Kiew. Wir skypen. “Христос воскрес!” sagt sie – “Воистину воскресе!” antworte ich. Dreimal hintereinander, so will es der Brauch. Dann das Übliche: Der Zug war voll, in Kiew hat es geregnet ~ dies und jenes auch.

“Zur Petrowka habe ich es leider bisher noch nicht geschafft.”

Ich bin irritiert.

“Zur Petrowka?”

“Na, du willst doch “Tschutschelo” haben, den Film!?”