Das Subjekt für die Gegenstände

Sage mir was du zitierst und ich sage dir, wer du bist.

Vonmir Dasist, Weblog, 30 April 2013,

1983. November. Ich schreibe eine Diplomarbeit über Freizeit und Freizeitverhalten.

“Die Produktion liefert dem Bedürfnis nicht nur ein Material, sondern sie liefert dem Material auch ein Bedürfnis. … Das Bedürfnis ist durch Wahrnehmung desselben geschaffen. Der Kunstgegenstand – ebenso wie jedes andere Produkt – schafft ein kunstsinniges und schönheitsgenußfähiges Publikum. Die Produktion produziert daher nicht nur einen Gegenstand für das Subjekt, sondern auch ein Subjekt für den Gegenstand.”

Marx Karl, Einleitung zur Kritik der Politischen Ökonomie, MEW 13, S. 624

Aus solchen Texten kommen offenbar die (Anstriche|Einschübe), welche ich heute noch mag. Und – ergänze ich mich selbst – nachträglich bin ich froh, dass sich Lenin Marx für seine Verblendung aussuchte. Bei Hegel hätten wir mehr zu kauen gehabt.

Oh, Heilige Walburga!

walburga

Wie konnte ich nur unrecht denken?! Oder: Wie man sich doch irren kann! Und:

Man wird alt wie eine Kuh
und lernt immer noch hinzu!

Dachte ich Blödmann doch lange Zeit fälschlicherweise, Walburga sei eine Hexe. Wohl wegen der Walpurgisnacht auf dem Brocken, die wir aus Goethes Faust kennen, in welcher Mephisto Faust überredet, an einer Hexenfeier teilzunehmen …

Dort strömt die Menge zu dem Bösen;
Da muss sich manches Rätsel lösen.

… und sich auch noch anbietet, als Fausts Kuppler zu fungieren. In einer Nacht, in welcher beide sich ergehen, im Tanz und im anzüglichem Wechselgesang mit zwei lüsternen Hexen.

Oder trübte Walpurgia Besenstiel aus den Bibi-Blocksberg-Kassetten mein Wissen? Die darin den Vorsitz im Hexenverband inne hat und darüber hinaus Direktorin des Hexeninternats ist, auf das Bibi und ihre Freundinnen in Folge 77 geschickt werden. (Walpurgias Besen heißt meines Wissens Belladonna – das aber nurmalnebenbei.)

Ob nun mit oder ohne „b“, Alp oder Alb – Walburga ist eine Heilige. Dass die Hexen ausgerechnet an Walburgas Ehrentag mit dem Teufel buhlen, ist ebenso Zufall wie die Böllerei am Tag, an dem die katholische Christenheit Papst Silvester I ehrt, welcher über dem Petrusgrab in Rom, im Gräberfeld des Vatikanischen Hügels, die erste Petruskirche erbauen ließ.

PLU-Codes und Nummernwitze

Der zugehörige Witz ist – hiermit zugegeben – nicht witzig, eher abgedroschen oder zum Gähnen und längst bekannt. Irgendwelche Leute in irgendeiner Pinte erzählen sich so lange Witze bis jeder Besucher jeden Witz bereits mehrmals gehört hat. Dergestalt dass die Gäste ihre Witzelchen – der Einfachheit halber – nummerieren. Sagt einer von ihnen beispielsweise „12“ grinst die Gemeinschaft, sagt ein anderer „32“ schmunzelt man höflich.

Immer so weiter, bis – PLÖTZLICH! – irgendwer „73“ in die Runde wirft. Was wiederum einen Unbeteiligten vom Nebentisch zu einem zügellosen Heiterkeitsausbruch treibt.

„73! – ROFLMAO! – Scheiße aber auch, den kannte ich noch nicht!“

Nummerierte Heiterkeit wird hiermit karikiert.

Ähnlich witzig wäre es, würde man „zum Bleistift“ auch die vielen Vollpfostensprüche mit Nummer versehen. Oder solche Bauernregeln, wie „wenn der Hahn kräht auf dem Mist, ändert sich’s Wetter. Oder es bleibt wie es ist“.

Best case sind nummerierte Lebensweisheiten.

Inzwischen gibt es Sprüche über Sprüche, doch wer in Russland punkten will, muss die „richtigen“ zitieren, die Klassiker. Russische wie sowjetische sollte man kennen. Gleichermaßen. Idealerweise im Original, denn „das Eis ist gebrochen, meine Damen und Herren Geschworenen!“ wird immer nur nach Übersetzung riechen.

Ein Kenner schreibt statt dessen …

Лёд тронулся, господа присяжные заседатели!

… und findet erst das „Л“ nicht und sucht anschließend das „Ё“ und so weiter.

Noch nicht einmal das „A“ ist dort, wo man es vermuten würde, neben einem „S“ – Nein! Ein russisches „A“ befindet sich zwischen dem russischen „W“ und dem russischen „P“, und zwar genau dort, wo sich dass deutsche „F“ befindet, welches man normalerweise dringendst benötigt, um „блин“ zu schreiben – … ? – !

@WAS für ein Tohuwabohu*!

Plötzlich habe ich eine Idee!

Ich werde von nun an Weisheiten codieren wie die International Federation for Produce Standards Code-Nummern für Obst- und Gemüse verwaltet, nämlich indem sie PLU-Codes vergibt. An denen man erkennen kann, ob ein Obst gentechnisch verändert ist (Präfix 8) oder aus biologischem Anbau (Präfix 9). So bedeuten:

  • 84035 Nektarine, „Yellow Flesh“, gentechnisch verändert;
  • 94011 Bio-Bananen, gelb.

Bei mir steht die „1“ an erster Stelle für „russisch“, die 6 an dritter Stelle für „rhetorische Frage“ und siehe da, will ich „Wie teuer ist das Opium fürs Volk?“ tippen, brauche ich nur noch „1963“ eingeben.

  • 1963 Почём опиум для народа?

TIPP: Unter „Einstellungen“, „Allgemein“, „Tastatur“, „Kurzbefehle“ einmal eingerichtet KANN MAN IM CHAT JEDEN GEGNER MIT ZITATEN NIEDERRINGEN. Oder blumige Komplimente machen.

Was im Übrigen natürlich auch mit Buchstaben funktioniert – „bza“ getippt und es erscheint „BAZINGA!“

Ziffernfolgen lassen sich wohl im Weiteren einfacher automatisieren. Dann bräuchte man einfach nur zu Siri sagen „schreibe eine lustige Grobheit aus dem Hundeherz mit einem Kompliment auf diese Wohnung!“, welche daraufhin „Похабная квартирка!“ schreibt.

YES!

———

* Tohuwabohu beschreibt die größtmögliche Unordnung, die der ordnenden Hand eines Gottes bedarf

Spargel-Phänomene

Spontanität ist ein Massenphänomen – 😉 – so war mein erster Gedanke in Anbetracht der völlig überfüllten Parkplätze am Spargelhof. Himmel, Autos und solche Menschen, die allesamt geführt sind, von der Überzeugung: je näher man sich zum Essen an ein Feld setzt, desto frischer der Spargel.

Anyway – es war ja ursprünglich meine Idee.

„Komm Lara, lassen wir uns heute bedienen!“

Wobei ich auch auf zusätzliche Abwechslung zu einer ansonsten hervorragenden Küche aus war, denn Spargel gehört nicht unbedingt auf eine russische oder ukrainische Speisenkarte.

Es hat im Übrigen lecker geschmeckt. Massenversorgung macht Köche routiniert.

~

„Von hier aus ist es nicht sehr weit bis Lehnin“ hieß der zweiter spontaner Einfall dem wir folgten, wo ich Architektur und Landschaft bewundern kann …

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… und sie Kräuter.

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Das Subway-Es

Sie wollte schon immer – unbedingt! – ein eigenes Auto haben und seit sie es endlich hat, nimmt sie es überallhin mit. Sogar nach New York, wo sich der Portier bei unserer Ankunft über die Potsdamer Nummernschilder wundert.

Als sie wenig später erfährt, dass man den New Yorker Broadway am besten mit der Subway erreicht, fährt sie mit mir als Beifahrer – I am screaming! – durch eine Röhre, mitten hinein in einen U-Bahn-Schacht.

130428_kwhHier war überall „Kilroy was here“ an Wände und Züge gekrakelt, wofür uns ein Cop die Rechnung präsentiert. Obwohl unschuldig, kamen wir nicht gegen dessen Argument an:

Wer mit Auto durch die U-Bahn-Tube fährt, sprüht auch Graffitos!

Klar. Logisch. Dagegen gibt es nichts zu sagen: was wahr ist, ist wahr. Nun geschieht weiterer Wirrwarr bis mich endlich-endlich der Hund weckt.

~~~

Selten ist das Morgengassi so entspannt wie heute.

Freudsches Missverständnis

Lara kommt mit einer Anfrage:

„Der Fahrlehrer hat gesagt, ich sei zu hexisch. War das einfach nur grob oder war es scherzhaft gemeint?“

Es dauerte eine Weile bis ich kapierte, dass der Lehrer „hektisch“ meinte.

Danach war meine Antwort klar:

„Weder grob noch scherzhaft. Hexisch war ernst gemeint.“

Antagonistische Hobbies

Manche Männer interessieren sich für – beispielsweise – Eishockey. Steigen am Tage des Spieles in die S-Bahn – und weg sind-se. Um sich dort mit anderen Leuten zu treffen, die sich ebenfalls für Eishockey interessieren. Niemand macht ein Bohei daraus.

Oder: Andere Männer angeln. Schnüren sich ihren Rucksack, nehmen Köter und Rute, verschwinden schweigend, um zu angeln. Fische zum Beispiel.

Dagegen: Weil sie sich für Blumen interessiert – muss er ins Gartencenter. Muss “mitgucken”, Erde schleppen, Blumen bezahlen, Zeit verplempern …

Wieso eigentlich?

Support

Den Support erreichen Sie, indem Sie auf die Taste „Support“ klicken. Tippen Sie auf „Einkäufe“, um Ihre Einkäufe anzuzeigen.

War diese Information hilfreich?

Wahrscheinlich ja. Sonst wohl auf „Einkäufe“ geklickt, um den Support zu erreichen.

Second Live

(Grenzlandnotizen)

Man sieht förmlich die Diskutanten um einen virtuellen Beamer gruppiert. Schaubilder werden an die Wand geworfen ….

Asterisk für meine Enkel: Jeder Beamer hieß einmal „Projektor“, außer dem Tageslichtprojektor, denn der wurde entweder „Polylux“ oder „Overhead“ genannt. Je nachdem, ob man Bilder links oder rechts der Elbe projizierte.

… Bedauern geheuchelt.

Derweil Blogger S eine uralte Erfahrung abhakt. Es geht nicht darum, eine Meinung zu sagen, sondern Meinungen zu hören, die man nicht gesagt hat. Jeder findet im Geschriebenen meist nur, was er lesen will, jeder interpretiert, jeder ist Mensch. Was im Übrigen ebenfalls nicht schlimm ist.

Bedauerlich wird es, wenn die hierauf folgende Selbstzensur sich vor dem Schreiben im Kopf breit macht, aka: Wen-de das so schreibst, wird es garantiert missverstanden, schreibst du es anders – auch.

Parallel dazu ereignete sich ein weiterer Schreck: Als die Firma Microsoft anbot, einen ollen muffigen Hotmail-Account auf outlook.com upzugrade und ich dies aus Neugier auch tat, tauchten irgendwoher plötzlich Dateien und Fotos auf, von denen ich bis dato sicher² (oder sogar sicher³) war, dass ich dieses Material schon im Jahre 2006 entsorgt hatte. Fürimmerundewig.

Klar wissen wir alles – aber nicht alles ist uns bewusst.

So lasse ich das Grenzland und mich im Second Live beerdigen. Und komme wieder als jemand wahrhaft-anderes. Wer einst die Qual hatte, hat nun die Wahl. Puzzle für Puzzle wird zusammengesetzt. Ich darf nicht wie ich sein und sollte es aber doch.

Der neue ICH ist ein Hetero, hat aber bereits einen Namen, zwei E-Mail-Adressen, ein Geburtsdatum, einen Geburtsort, eine Frau, eine Apple-ID und – nota bene! – einen Follower bei Twitter, obwohl noch kein Tweet abgesendet.

Und ab 1.5.2013 wird ICH auch einen Blog haben.

Ein Beruf ist bald bestimmt, doch am schwierigsten scheint die Wohnsitzname. An der erstgewählten Adresse fuhr ich zufällig mit der Tram vorbei – Nee! Hier will ICH nicht wohnen. Die zweite Wahl war im Babelsberger Park und die wiederum hielt ICH für versnobt, für zu angeberisch. So bestimmte ICH erst einmal die Hausnummer – eine „37“ soll es sein! – und suche die Straße nach Persönlichkeit UND FINDE ES ABSOLUT BEDAUERLICH; DASS ES IN POTSDAM KEINE PROFESSOR-SCHRÖDINGER-STRASSE GIBT.

Was mir, ich und ICH allerdings auch πp-egal sein könnte.