Witz ohne Pointe

28. Tag

Sie ist heute heiter.

Im Netz fand sie einen Witz, den sie mir jetzt erzählt:

Igelkinder rennen kichernd über eine Wiese. Da kommt ein Hase des Weges daher.

“Warum lacht ihr denn so? Warum so lustig? Habt wohl am Schnaps gerochen?”

“Wir lachen weil das Gras so kitzelt. Vor allem am Pipimann.”

Lustig ist vor allem, WIE sie diesen Witz erzählt. Mitlachend. Sich darüber vorfreuend, dass ich möglicherweise ebenfalls lachen oder wenigstens schmunzeln werde.

* * *

Kitzeln heißt auf Russisch “щекотать”, gesprochen “tschtschekotatj” – mit zweimal “tsch” am Anfang. Kitzeln ist eine derjenigen russischen Vokabeln, bei der man sofort hört, worum es geht.

Andererseits ist jedem natürlich klar, dass lachen muss, wer sich kitzeln lässt. Das sollte eigentlich nicht komisch sein.

Isses aber.

Der kürzeste Text

Nahezu 2500 Jahre glaubten wir, dass die Antwort der Spartaner auf die Drohung Philipp des II. von Makedonien …

„Wenn ich euch besiegt habe, werden eure Häuser brennen, eure Städte in Flammen stehen und eure Frauen zu Witwen werden“

… in Gestalt des einfachen Wörtchens “Wenn” nicht zu toppen wäre.

~~~

<anmerkung> hier fehlt noch ein Übergang, sonst bleibt es holprig</anmerkung>

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Was ich übrigens für eine hübsch-erfundene Legende halte, statt für die Wahrheit. Unabhängig davon ist sie so schön, dass sie wahr sein sollte.

Doch – hiermit begründe ich meinen Zweifel – wenn sich die lakonischen Spartaner damals noch nicht einmal die Mühe gemacht haben, ausführlich auf eine solche Drohung zu reagieren ~ welcher Teufel soll sie dann später geritten haben, es so ausführlich der Nachwelt festzuhalten.

Ukrainische Kosaken waren von anderem Kaliber. Sie schrieben einen laaangen-laaangen Brief an den türkischen Sultan:

1307 repin-kosaken-tuerk-sultan

Du türkischer Teufel, Bruder und Genosse des verfluchten Teufels und des leibhaftigen Luzifers Sekretär! Was für ein Ritter bist du zum Teufel, wenn du nicht mal mit deinem nackten Arsch einen Igel töten kannst? Was der Teufel scheißt, frisst dein Heer. Du wirst keine Christensöhne unter dir haben. Dein Heer fürchten wir nicht, werden zu Wasser und zu Lande uns mit dir schlagen, gefickt sei deine Mutter!

Du Küchenjunge von Babylon, Radmacher von Mazedonien, Ziegenhirt von Alexandria, Bierbrauer von Jerusalem, Sauhalter des großen und kleinen Ägypten, Schwein von Armenien, tartarischer Geißbock, Verbrecher von Podolien, Henker von Kamenez und Narr der ganzen Welt und Unterwelt, dazu unseres Gottes Dummkopf, Enkel des leibhaftigen Satans und der Haken unseres Schwanzes. Schweinefresse, Stutenarsch, Metzgerhund, ungetaufte Stirn, gefickt sei deine Mutter!

So haben dir die Saporoger geantwortet, Glatzkopf. Du bist nicht einmal geeignet, christliche Schweine zu hüten. Nun müssen wir Schluss machen. Das Datum kennen wir nicht, denn wir haben keinen Kalender. Der Mond ist im Himmel, das Jahr steht im Buch und wir haben den gleichen Tag wie ihr. Deshalb küss unseren Hintern!

Unterschrieben: Der Lager-Ataman Iwan Sirko mitsamt dem ganzen Lager der Saporoger Kosaken.

Ob der Sultan diesen Brief bis zu Ende las, ist nicht überliefert. Heute würde er einfach nur

“TL;DR”

darunter schreiben, und die Kosaken wären entwaffnet.

“TL;DR” bedeutet “Too Long; Didn’t Read” (für die Deutschen unter uns: “[Der Text war] zu lang; [ich habe ihn] nicht gelesen”). Hernach käme in meiner Fantasie ein Wanderer des Weges daher und malte ein dickes “ROFL” in den Staub.

🙂

Geschichte lässt Vergleiche zu: Kurzundknapp ist nie zu toppen.

“Boote verloren. Mindaros tot. Männer hungrig. Was tun?”

YES! Und: Wer’s nicht einfach und klar sagen kann, der soll schweigen und weiter arbeiten, bis er’s klar sagen kann. (Karl Popper, Philosoph)

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Soweit bin ich heute gekommen, dann mache ich uns Kaffee, überlege, wie mancher Übergang besser zu gestalten wär, erzähle Lara davon. …

“Oh fein – Zu diesem Anlass gibt es einen Witz”, sagt sie und erzählt ihn mir prompt:

Familie. Eines der Kinder ist stumm. 14 Jahre lang. Bis es eines Tages sagt: “Es fehlt Salz in der Suppe!”

Große familiäre Aufregung, weil Klein-Iwan plötzlich spricht, der sich im Gegenzug erstaunt zeigt.

“Die meisten Menschen sprechen doch? Oder?”

“Aber DU hast noch nie gesprochen!?”

“Bis jetzt war ja auch alles in Ordnung.”

Der Witz passt zwar nicht ganz zur Überschrift, aber ein ROFLMAO und ein 🙂 hat er sich trotzdem verdient.

PLU-Codes und Nummernwitze

Der zugehörige Witz ist – hiermit zugegeben – nicht witzig, eher abgedroschen oder zum Gähnen und längst bekannt. Irgendwelche Leute in irgendeiner Pinte erzählen sich so lange Witze bis jeder Besucher jeden Witz bereits mehrmals gehört hat. Dergestalt dass die Gäste ihre Witzelchen – der Einfachheit halber – nummerieren. Sagt einer von ihnen beispielsweise „12“ grinst die Gemeinschaft, sagt ein anderer „32“ schmunzelt man höflich.

Immer so weiter, bis – PLÖTZLICH! – irgendwer „73“ in die Runde wirft. Was wiederum einen Unbeteiligten vom Nebentisch zu einem zügellosen Heiterkeitsausbruch treibt.

„73! – ROFLMAO! – Scheiße aber auch, den kannte ich noch nicht!“

Nummerierte Heiterkeit wird hiermit karikiert.

Ähnlich witzig wäre es, würde man „zum Bleistift“ auch die vielen Vollpfostensprüche mit Nummer versehen. Oder solche Bauernregeln, wie „wenn der Hahn kräht auf dem Mist, ändert sich’s Wetter. Oder es bleibt wie es ist“.

Best case sind nummerierte Lebensweisheiten.

Inzwischen gibt es Sprüche über Sprüche, doch wer in Russland punkten will, muss die „richtigen“ zitieren, die Klassiker. Russische wie sowjetische sollte man kennen. Gleichermaßen. Idealerweise im Original, denn „das Eis ist gebrochen, meine Damen und Herren Geschworenen!“ wird immer nur nach Übersetzung riechen.

Ein Kenner schreibt statt dessen …

Лёд тронулся, господа присяжные заседатели!

… und findet erst das „Л“ nicht und sucht anschließend das „Ё“ und so weiter.

Noch nicht einmal das „A“ ist dort, wo man es vermuten würde, neben einem „S“ – Nein! Ein russisches „A“ befindet sich zwischen dem russischen „W“ und dem russischen „P“, und zwar genau dort, wo sich dass deutsche „F“ befindet, welches man normalerweise dringendst benötigt, um „блин“ zu schreiben – … ? – !

@WAS für ein Tohuwabohu*!

Plötzlich habe ich eine Idee!

Ich werde von nun an Weisheiten codieren wie die International Federation for Produce Standards Code-Nummern für Obst- und Gemüse verwaltet, nämlich indem sie PLU-Codes vergibt. An denen man erkennen kann, ob ein Obst gentechnisch verändert ist (Präfix 8) oder aus biologischem Anbau (Präfix 9). So bedeuten:

  • 84035 Nektarine, „Yellow Flesh“, gentechnisch verändert;
  • 94011 Bio-Bananen, gelb.

Bei mir steht die „1“ an erster Stelle für „russisch“, die 6 an dritter Stelle für „rhetorische Frage“ und siehe da, will ich „Wie teuer ist das Opium fürs Volk?“ tippen, brauche ich nur noch „1963“ eingeben.

  • 1963 Почём опиум для народа?

TIPP: Unter „Einstellungen“, „Allgemein“, „Tastatur“, „Kurzbefehle“ einmal eingerichtet KANN MAN IM CHAT JEDEN GEGNER MIT ZITATEN NIEDERRINGEN. Oder blumige Komplimente machen.

Was im Übrigen natürlich auch mit Buchstaben funktioniert – „bza“ getippt und es erscheint „BAZINGA!“

Ziffernfolgen lassen sich wohl im Weiteren einfacher automatisieren. Dann bräuchte man einfach nur zu Siri sagen „schreibe eine lustige Grobheit aus dem Hundeherz mit einem Kompliment auf diese Wohnung!“, welche daraufhin „Похабная квартирка!“ schreibt.

YES!

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* Tohuwabohu beschreibt die größtmögliche Unordnung, die der ordnenden Hand eines Gottes bedarf