Das schicke Wischding

16. Tag, tea time

Vor vierzehn Tagen:

“Und? Was wünscht du dir zum Geburtstag?”

“Ich möchte bitte ein Wischding.”

* * *

Heute hat Granny Geburtstag, heute bekommt sie ein “Wischding”.

Ihr neues Wischding ist auf neuestem Stand, ausgestattet mit iOS 7.1..

Wobei ich bei dieser Feier eher beiläufig entdecke, dass das Dazuzugehören ein kultureller Wert ist. Die Oma beobachtet, wie Menschen insbesondere an Haltestellen Smartphone gucken, wie sie mit Fingern über Displays wischen und will es auch. Wenn alle wischen, muss es irgendwie cool sein.

Natürlich gibt es keine Kompromisse: Sie will genau solch ein Wischding, wie es “alle” haben, “wie du und deine Frau”.

@???

Siehe da: es macht sie glücklich.

Lara pumpt ihr auch noch am Kaffeetisch WhatsApp aus dem Store und ein Pling-Plang-Plong später lese ich Grannys Message:

“Hey there! I am using WhatsApp.”

Wäre Granny Kanzlerin, würde “Wischding” zum Geflügeltem Wort – wäre ich Kanzler, hieße jedes Wischding “Kommunikator”.

Die Komik einer Antithese

Zunächst schrieb ich „die Antithese als temporäres Lebensmodell“ in die Überschrift – was wohl zu ernst für das nun folgende Posting. So änderte ich es.

Die Vernunft erkennt die Einseitigkeit der Bestimmung und verneint sie. Jeder Dialektiker weiß, wovon ich schreibe.

„Das dialektische Moment ist das eigene Sichaufheben … endlicher Bestimmungen und ihr Übergehen in ihre entgegengesetzten.“
(Hegel)

Die Tatsache, dass „unsere“ Eltern ihre TV-Geräte ununterbrochen „on“ hatten, führte vor meiner ersten Ehe zu dem alternativen Konzept, OHNE Fernseher leben zu wollen. Wir wollten wieder Bücher, wir wollten zurück, zu inhaltsreicher Kommunikation! Zur Antithese von – wie von uns vermutet – sozialen Glücklosigkeit.

Doch was dem einen sin Nachtigall, ist dem andern sin Uhl. Die eigenen Kinder könnten sich möglicherweise sozial zurückgesetzt fühlen, sollten sie im Kindergarten nicht mitreden können, wenn sich andere Kinder über Sesamstraße, Pittiplatsch und Pippi Langstrumpf unterhalten.

Der Kompromiss (die Synthese): wir schafften uns zwar wieder einen Fernseher an und ließen unsere Töchter gucken, ABER NUR ZEITLICH EINGESCHRÄNKT UND UNTER PERSÖNLICHER AUFSICHT. Um sich anschließend mit den kleinen Rezipienten über Gesehenes unterhalten zu können, um ggf. korrigierend eingreifen zu können.

* * *

Frühen Achtziger. Sesamstraße. Ernie geht baden …

Die Kinder bleiben ernst – derweil sich der Vater vor Lachen nicht mehr einkriegen kann. Klar, braucht man einen Fußball in der Badewanne! Den kann man schließlich jemandem geben, der dringend einen benötigt. Klar, dass man eine Taschenlampe in der Wanne braucht! Wie auch einen Regenschirm – klar doch!

*lach*

Wahrscheinlich ist die Sesamstraße deshalb so erfolgreich, weil die Idee nicht vulgär-didaktisch auf Kinder ausgerichtet ist, sondern weil darüber hinaus mit dieser Sendung Unterhaltung geplant war, und zwar für alle guckenden Generationen.

* * *

Gestern. Arena. Eishockey.

Eine hübsche Moderatorin bemerkt zufällig, dass ihr Akku leer. Woraufhin ich beginne, in der Tasche zu kramen. Dann zeige auf eine Steckdose, halte ihr einige Kabel hoch.

Sie benötigt ein Ladekabel für ihr 4S, bekommt es und bedankt sich artig.

Eine weitere Stimme fragt:

„Hast du zufällig auch ein Kabel für ein Fünfer-Fon?“

Auch solches Kabel habe ich, so mache ich damit den nächsten froh.

Derjenige, der dies beobachtete, fragt mich:

„Wieso nimmst du eigentlich so viele Ladekabel mit zum Eishockey?“

Komische Frage: Falls mich jemand fragt, ob er eines haben könne, kann der eins haben. Wozu denn sonst? Und: Es soll niemand behaupten, die Sesamstraße sei unnütz.

Ein Delinquent namens Siri

Schlimm genug, dass Siri „Hertha BSC“ in meiner Musik nicht finden kann, nun macht er sich auch noch über mich lustig. Heute soll er mich daran erinnern, dass zum 23. Dezember eine Ente bestellt werden muss. Ich kommandiere: „Erinnerung. Ente bestellen. Für den 23.“

 

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OMG! Spreche ich wirklich so undeutlich?! – @???

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Ein Kilo Bauchgefühl

Polarkreis 18. Allein-allein. Sitze da, schmiede Sätze bis ich – PLÖTZLICH! – merke, dass Feiertag ist. Zumindest hier bei uns, bei uns in Brandenburg.

Habe ich also am Feiertag geschuftet!

Da niemand da ist, der mich lobt, muss ich mich also selbst belohnen. Am besten voller Schadenfreude, am besten in Berlin. Es zieht mich also dorthin, wo die Leute an den verschiedensten Feiertagen arbeiten müssen.

Über eine Selbstbelohnung brauche ich nicht lange nachzudenken: Ich brauche mal wieder ein neues Phone. Der Akku des alten macht es nicht mehr lange.

“Tohuwabohu” ist neuerdings meine Lieblingsvokabel. Sie passt prima auf den Mac-Store am Berliner Kudamm, wenn in Brandenburg Feiertag ist. Alle Parkplätze sind bestellt, Himmel und Menschen im Laden – geduldige Verkäufer. Wahrscheinlich meditieren die heimlich ~

“Ich kenne Sie”, sagt ein Verkäufer, “Sind Sie nicht ein erfolgreicher Bauunternehmer?”

Hmmm. Wäre ich Bauunternehmer, wäre ich wahrscheinlich erfolgreich. Gleichwohl kommt mir der Verkäufer bekannt vor. Wir scannen uns gegenseitig, ihm fällt es zuerst ein:

“Ach-nee. Wir kennen uns vom Hundeplatz! – Ich bin der mit Wotan.”

Tolle Karriere: Vom Bauunternehmer …

– vom erfolgreichen!

… vom sehr erfolgreichen Bauunternehmer zum Hundeplatz-User!

<Fortsetzung folgt – ich muss dringenst looos. Heute. Hektik. Hilfe!>

~~~

Hier liegt mein Selbstlob, meine Selbst-Belobigung, mein Preis für Fleiß:

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Deutsches Polizeivertrauen

Mir ist keine andere deutsche Behörde bekannt, bei der die Relation zwischen Leistungserwartung der Bürger zum Leistungsvermögen der Beamten größer ist als bei der Polizei.

Offenbar vertraut man in Deutschland Polizei, denn sonst würde mir nicht jeder ungefragt raten und geraten haben:

“Geh doch zur Polizei!”

Die eigentliche Geschichte ist relativ übersichtlich: Irgendein Blödmann hat mir das iPhone [sic!] geklaut. Womit man nichts anfangen kann, denn als Besitzer kann man jederzeit den Bildschirm sperren. Darüber hinaus sendet es ununterbrochen Bewegungsdaten bis der Akku leer ist. Und man kann es jederzeit fernlöschen.

Darüber hinaus werden die Bewegungsdaten auch noch aufgezeichnet, jede Stecknadel liefert die Urzeit des Einloggens auf die Sekunde genau:

2013-06-18 06.15.59

Ach, übrigens: Heute – nachdem ich mich unter Druck des sozialen Umfeldes nun doch an die Polizei gewandt hatte – war ich froh, dass ich mein Phone einfach nur “Anfon” genannt habe und nicht “Siris Hütte”, “Sonnensack” oder “Schnickenfittich”. Ein Witz zum falschen Zeitpunkt produziert die Röte der Scham.

So konnte ich also heute früh – ohne Scham – dem Polizisten die Stecknadel zeigen, die das Handy symbolisiert:

2013-06-18 06.15.30

Konnte instruieren:

“Seit gestern 20:12 Uhr bis heute früh hält sich der Gauner in der Rosenstraße, Ecke Blumenweg auf – sehen Sie?”

Der Polizist war Standby mit einem Kollegen vor Ort, sein mittelalterliches Funkgerät laut gestellt, was jedes Gespräch hörbar macht:

“Der muss da sein wo du jetzt bist!”

“Hier ist aba keena!?”

Da kann man natürlich nix machen. Wenn sich niemand meldet, macht kein Einsatz Sinn.

….

(unvollendet)