Reziproke Völlerei

Ein Fest folgt derzeit dem nächsten.

Heute, am 24.2.2014, ist “Tag der Begrüßung”, der erste Tag der Masleniza, gestern war “Tag der Beschützer des Vaterlandes”, was in Verhaltensmustern vergleichbar ist mit dem deutschen Vatertag.

Gemeinsamkeit macht der Wodka, den Unterschied macht der Glauben: Jeder 23. Februar ist kommunistisch-atheistischen-patriarchalischen Ursprungs, derweil der 24. Februar 2014 den Anfang einer wilden Völlerei vor dem Großen Fasten im Vorfeld des christlichen Osterfestes bestimmt.

Fleisch gestaltet den Unterschied: Am Heldentag ist Fleisch erlaubt, Pflicht fast, – an Masleniza gibt es nur Milchprodukte – überwiegend Plinsen – und Fisch. Hier ist dem Rechtgläubigen Fleisch bereits untersagt. Unabhängig davon bleibt stets der Wodka. Er ist an allen russischen Festen Pflicht.

Mittendrin stehe ich mit meiner Diät oder besser: Abnehmsucht. Jede verlorene 100 Gramm machen mich glücklich, werden mental befeiert. (Die Waage heute 77,1 Kilo – was mich deshalb schon glücklich macht, weil ich vor wenigen Jahren noch in der Kategorie Ü-90 war.)

Die Realität sieht anders aus als laut russischen Vorgaben. Wodka ist in unserem Haushalt seit langer Zeit Fehlanzeige, irgendwo steht seit Weihnachten noch eine halbe Flasche Glühwein und ein Schluck alter Rum – für Tee bei Kälte – staubt im Küchenregal vor sich hin. Auch sonst fühlen wir zu nichts Neigung, “was die Welt behauptet. Ihre … Zwecke kommen uns allesamt verkehrt vor.”

UND DANN FUHREN MEINE FREUNDE AUCH NOCH OHNE MIR BESCHEID ZU GEBEN NACH WOLFSBURG, zum Auswärts-Heimspiel der Berliner Eisgötter … ~ Anyway: Plötzlich griff ich mir ein Bügeleisen und fing an, meine T-Shirts zu bügeln, einfach so. Wohl um irgendwas zu machen, wohl weil mir langweilig war.

Da kam Lara des Weges daher. “Und? Macht’s Spaß?”, “Riesenspaß”, sagte ich ironisch.

“Fein. Könntest du dann meine Blusen auch …”

Klar. Soweit treibt mich also meine neue matriarchalische Lebensform: Am Vatertag (!) der Gattin Blusen bügeln.

Das glaubt mir kein Mensch!

Die Macht der Marke

Es ist bald Männertag! Weshalb die Frau dem Mann was Schönes schenkt. Von außen hübsch verpackt – drinnen Jeans.

Seit dem Mauerfall ist erst wenig Zeit vergangen. Klein-Erna, vier, fünf Jahre alt, wünscht sich eine Barbie. Eines Tages kommt die Omma zu Besuch. Voller Vorfreude auf das zu erwartende Glück der Enkelin übergibt die Dame mit gönnerhaftem Gestus ein hübsch verpacktes Paket.

„Hier – bitteschön – hast-de deine Puppe!“

JUHU! Klein-Erna reißt aufgeregt die Verpackung auf und ~ @! ~ alle Anwohner der Vorstadt vernehmen des Kindes Aufschrei der Enttäuschung:

„Das ist ja gar keine Barby!“

Dass Claudi oder Petra keine Barbie sind, weiß Oma jetzt – doch nun isses zu spät.

~

Lara gestern. Große Geste, hübsche Verpackung.

„Hier – bitteschön – с наступающим!“

Was mit „anlässlich des bevorstehenden Feiertages“ übersetzt werden kann und sie meint wohl den „Tag des Verteidigers des Vaterlandes„.

Was fast komisch – immerhin bin ich als Deutscher – eigentlich – Feind. Darüber hinaus stand einer meiner Großväter vor Stalingrad, um sich die Zehen abzufrieren. Der andere war zwar zu keiner Zeit KV -kriegsverwendungsfähig – aber Feind bleibt Feind. Fürimmerundewig.

Unabhängig davon: Es ist Männertag! Weshalb eine russische Frau einem Mann etwas Schönes schenkt.

Von außen hübsch verpackt – drinnen Jeans. Ich gucke auf`s Label – „Geisha“ – @? – Was ist denn das für eine Marke?! – @- – – NEE! Männerjeans mit Frauenlabel? So antisexistisch bin ich nun auch wieder nicht, auch wenn sie wie angegossen passen. „An meine Beine gehört Levis“, denke ich und sage:

„Aber ich kann doch nicht mit einer Geisha laufen!“

Offenbar befriedigt eine Marke die in uns vorhandene tiefe Sehnsucht nach Treue. Windows – zum Beispiel – hatte bei mir zehn Jahre lang seine faire Chance. Bis ich mich eines Tages scheiden ließ. Der neue Partner heißt nun Mac. Und bis der Grieche in Babelsberg mich nicht enttäuscht, gehe ich immer wieder hin.

Wir sind Stammtischmenschen. Von Klein-Erna bis zum letzten Nerd.

Der vergessene Feiertag

“Wozu hast die Vase auf den Tisch gestellt? Und wozu soll das Deckchen auf das Buffet sein?”

Darauf habe ich gewartet! – YES! – Doch ich bleibe cool:

“Die Vase ist für meine Blumen und auf das Deckchen kannst Du die Geschenke stellen!”

Sie so:

@???

Ich so:

ES IST WIEDER MÄNNERTAG!

An das gestrige TV-Programm erinnere mich bei dieser Gelegenheit. An die hübsche Szene aus “Mord mit Aussicht”, als die dicke Heike früh im Bett angekrabbelt kommt.

“Bärchen, rate mal was für ein Geschenk ich für Dich habe?”

“Es sind Socken”, weiß Dietmar Schäffer und verzieht das Gesicht. Weil er genau weiß, was nun kommt: Увы! – das Unvermeidliche tritt eisern ein!

“Und wo ist MEIN Geschenk?”

Er hat den Hochzeitstag vergessen. Und so muss schließlich Dietmar Schäffer… –

“Man-man-man, hier ist aber heute wieder was los!”

… – im Laufe dieser Folge seine Heike erneut heiraten.

Selten passend der Titel der Folge – “Spätlese”. 😉

Jedenfalls geht mir der Große Internationale Frauentag, gefeiert in der Intention slawischer Verhaltensmuster derart auf den Keks, dass ich heilfroh bin, dass Michael Gorbatschow alternativ den Männertag erfand. So können wir uns rächen.

Sie bockt:

“Findest Du es nicht auch ungerecht, dass es für Männer zwei Tage gibt?”

Nö. Findichnich. Außerdem ist der eine Tag der Vatertag, dessen Pendant es schließlich auch für Frauen gibt. Als Muttertag. Und dann gibt es ja auch noch den 30.4. – den Hexenabend, die Walpurgisnacht …

Darüber hinaus – fällt mir nun ein – ist ein Arbeitsmittel nach IHR benannt, die Mutter.

“Findest Du nicht auch, dass die Schraube – винт – eigentlich Vater heißen müsste?”