Der Reiz der Befristung

Längst hat sich der profitsüchtige Handel sein Wissen um unser zwanghaftes Verhalten zunutze gemacht: Wenn wir Kunden wissen oder vermuten, dass es eine Ware einmal nicht mehr geben könnte, müssen wir diese Ware unbedingt haben, auch wenn wir sie nicht brauchen.

Bei einer Losung wie “Schnulli ist nur diese Woche im Angebot!” verwandeln wir uns in einen Panthera tigris – in den Tiger in uns – der SOFORT zuschlagen muss, weil ansonsten die leckere Gazelle auf und davon gerannt ist. Und wie teuer Schnulli verkauft wird, gerät an zweite Stelle. Weshalb – logischerweise – gewisse Tarife immer nur eine gewisse Zeit gelten, um von Tarife abgelöst zu werden, die ebenfalls nur eine gewisse Zeit … ~ na und so weiter.

Рассказ твой слишком длинный!
Не нужно столько слов!

Kurzundknapp:

Ein Wundertäter ist nur eine Woche in Berlin – was kann frau dagegen tun?

Und hier ist die wahre Geschichte:

Frau XXX* aus der Sowjetunion ist ziemlich unglücklich. Unlängst hatte sie in Berlin ihren Job verloren, ein neuer ist vorerst nicht in Aussicht. Und die Liebschaft, weswegen sie ihren Ehemann verließ, zeigte sich nach den ersten Monaten des Zusammenseins bereits als trunksüchtig und – was für eine geborene Russin viel-viel schlimmer – als geizig.

Sie zusammen wohnen, weil alles andere noch teurer wäre oder irgendwie anderweitig doof. Man könnte die Beziehung auch sado-masochistisch nennen – jedenfalls streiten sie sich. Oft. Nur.

Eine ihrer zahlreichen Streitereien über die Definition von “Notwendigkeit” unter der Kategorie “Ausgaben” führte zur Dreiteilung der Konten: Nun hat er seins für sich, sie ihrs und darüber hinaus führen beide ein gemeinsames Konto nach dem Vier-Augen-Prinzip, von welchem gemeinsame Fixkosten wie Miete oder Strom abgebucht werden.

Das größtmögliche Drama für eine selbstsüchtige Frau: Mann grundlos geizig, eigner Dispo ausgeschöpft und der Wundertäter plant, Berlin zu verlassen.

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Deus ex machina: Ihr Mitbewohner bekommt Post, welche sie entgegen nimmt und bedenkenlos öffnet. Darinnen die EC-Karte des vormaligen Bettgenossen und in einem weiteren separaten Schreiben die zugehörige PIN.

“Wenn das keine göttliche Fügung ist, weiß ich nicht, was sonst eine göttliche Fügung wäre!”, stellt sie daher zweifelsfrei fest und räubert 1000 Euro aus einem Automaten, um sie dem Wundertäter zu bringen.

Offenbar befinde ich mich in einem anderen Wertesystem. Die vormalige Liebe wird davon Wind bekommen –

“… und was wirst du ihm dann sagen?”

Meine Frage scheint sie zu überraschen.

“Ich mache es schließlich auch für ihn. Männer leben schließlich lieber mit einer schönen Frau zusammen – als mit einer hässlichen.”

Soweit ist sie also gekommen.

Aber nur wer weiß wie diese Frau wirklich aussieht – VORHER, DANACH und TROTZ ALLEDEM – erkennt die doppelte Pointe.

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* Natürlich ist der Name wegen der leicht erweiterten Öffentlichkeit wieder einmal verpixelt. Kein Mensch heißt “Dreikreuze”, “XXX” oder “Iksiksiks”.

Das süße Gift der Freundlichkeit

Klein-Thea, schon fast vollständig erwachsen, geriet eines Tages in Streit mit einer ihrer Tanten, wegen irgendwelcher Belanglosigkeiten. Beide sind gleichermaßen im Recht und im Unrecht. Dergestalt, dass aber – jeweils – die eine wie auch die andere Seite auf Entschuldigung pocht.

Diese Karre scheint festgefahren.

In einer vertrackten emotionalen Situation – die genauer zu beschreiben, ich uns erspare – bleibt Frauen nur die Intrige. Also nimmt sich Klein-Thea etwas Zeit und schreibt einen Brief an eine andere Tante –

“… das Leben ist schön, ich fahre bald in den Urlaub, derzeit lese ich ein interessantes Buch, neulich hatte ich einen Freund – den Ben – aber mit dem ist es leider wieder aus …”

Einmal dabei, schreibt sie jede Menge ähnliche Briefe an diese(n) und jene(n) aus der Sippschaft – AUSSER AN DIE DOOFE TANTE – und zwar allesamt liebevoll, Interesse heuchelnd, ausführlich und andeutungsreich.

Anschließend legt sie den Stift zur Seite und kann zufrieden einschlafen.

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Zu ihrem Geburtstag erhielt Lara eine besonders schöne Karte voller Glückwünsche und reich an Komplimenten. Von einem Ehemann einer ihrer Freundinnen.

Was mich erstaunt:

“Aber der XXX* hat dir doch noch nie zu deinem Geburtstag gratuliert?!”

“Ja schon – aber die beiden leben nun getrennt.”

Dann ist alles klar.

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Heute wollen wir EIGENTLICH ZU VIERT einen Ausflug machen, aber die doofe Freundin will sich unbedingt anhängen. Trotz meines dringlichen Hinweises, es sei in der Droschke viel zu eng, es mangele an Plätzen – Doch die Freundin ist durch nichts abzubringen.

Das Unvermeidbare tritt eisern ein.

Heute wird meine geliebte Frau von mir die Komplimente ihres Lebens hören: Wie schön sie ist, wie klug und wie angenehm es ist, mit ihr Zeit zu verbringen. …

Dabei soll die blöde Kuh ruhig einmal über ihren eigenen Mann und ihren trunksüchtigen Liebhaber nachdenken – YES!

* Anmerkung: Der wahre Name wurde verpixelt.

Feminine Dilemma

Gestern zog ich den Stecker aus der Telefondose – 

– WIE KANN MAN AUCH NACH ZWANZIG UHR NOCH ANRUFEN!? –

– weil sich plötzlich fast-fremde Leute an uns erinnern.

Leute, die längst ihrer eignen Wege gehen sollten, insbesondere Frauen. Und nur, weil wir einen Wundertäter kennen.

20:00 Uhr ist für Osteuropäer eine normale Zeit. Man kann in Russland oder in der Ukraine getrost noch später “einfach so” anrufen, ohne dabei Gefahr zu laufen, demnächst geteert und gefedert zu werden. ABER NICHT BEI MIR, ihr blöden Schnecken, ihr! – Ich bin Deutscher, auch wenn ich nicht immer danach aussehe oder rede.

Andererseits: ~ Schade eigentlich!

Manchmal bedauere ich, Deutscher zu sein, denn wenn ich es nicht wäre, könnte mich derzeit so richtig schön bestechen lassen. Und zwar einfach nur, indem ich in Aussicht stellte, beim Wundertäter ein gutes Wort für irgendwen einzulegen.

Das tragikomische an russisch-femininen Verhaltensmustern ist die Überzeugung, dass sich die soziale Anerkennung der Weiblichkeit vor allem über sexuelle Begehrlichkeit definiert. Und um Begehrlichkeit zu schaffen, ist “der Russin” jedes Mittel recht – auch “Schönheit”.

Natürlich ist jede Frau bis zu einem gewissen Punkt für sich selbst verantwortlich. Doch wenn dieser Punkt erreicht scheint – das Alter nämlich – sieht sie es als Klippe im Meer körperlicher Unwägbarkeiten. Als eine jener vielen Klippen, die mithilfe eines Wundertäters umschifft werden können.

Glaube versetzt Berge und ließ gestern mein Telefon schellen, bis ich den Stecker zog.

Als wieder Ruhe war, konnte ich nachdenken: Die deutsche Frau hat es offenbar millionenfach einfacher, denn sie wird bereits vor der Pubertät indoktriniert – NUR AUF DIE INNEREN WERTE KOMMT ES AN! – und hat daher logischerweise mit wachsendem Alter weniger Probleme. (Dass es deutsche Männer auf Brautschau nach Osteuropa zieht, ist einzig und allein das Problem dieser Männer. 😉 )

Die Wahrheit liegt wie immer in der Mitte. Gingen Emanzipierung und Erotisierung Hand in Hand, gäbe es weder das eine, noch das andere Problem.

Aber so weit sind wir noch lange-lange nicht.

Eine altbekannte Störgröße

Der Wundertäter reist mit seiner interessanten Frau, beide waren bereits Sonstwo, aber noch nie in Potsdam. Das Wetter geriet herrlich, Lara hatte extrem gute Laune und: Hätten WIR VIER den gestrigen Tag ALLEIN verbringen können, wäre es einer von den besseren geworden.

Was wohl auch vom Wundertäter so erwartet, weil Lara und ich zu den wenigen Menschen gehören, die nicht viel mehr wollen als entspannt, Zeit zu verbringen, dabei a bissel über Kiew oder Potsdam reden …

“bei uns isses so – bei euch isses anders”

… oder über Literatur.

Puschkins Dubrowskij – den ich derzeit lese – nimmt vieles von den Geschehnissen, die den Orangen Ereignissen folgten, vorweg … ~ Und überhaupt:

“Orange Revolution” – @?

Kurz und gut: Wir hätten gute Gespräche haben können und hatten uns vorher darauf gefreut, bis sich eine alte Freundin einmischte.

Da die beiden ohnehin in Berlin übernachten, wo auch die alte Freundin wohnt, könne die beiden nach Potsdam gebracht werden, was sie völlig uneigennützig übernehmen könnte, lautete der Vorschlag – und Lara tappte in die Falle, denn nach einem, von meiner Frau gleichgültig abgedrücktem “Okay”, wurden wir die alte Freundin nicht mehr los.

Babelsberger Park, Neuer Garten, Park Sanssouci – immer und überall zottelte das fünfte Rad nebenher. Um auch die noch so geringste Gelegenheit zu für sich und irgendwelche Kundinnen zu nutzen.

Was sich – mitten in einem Thema! – wie folgt anhörte:

(Sie) “Duhu, Sascha – ich habe eine Freundin…”

(Beide) “Rhabarber-Rhabarber” ~ *tuschel-tuschel*

(Sie glücklich) “Oh! – Danke schön!”

Woraufhin sie jedes Mal aus unserer kleinen Gruppe sprang, aufgeregt eine Nummer tippte, um das andere Ende der Leitung entsprechend zu informieren.

“Du hast morgen, 10:00 Uhr, einen Termin.”

Strahle-Frau ganz stolz. Als hätte sie dem Meer Land entrungen. Und immer wieder, wenn in unserem Gespräch die geringste Pause, ertönte ihre Stimme aus dem Off.

“Duhu, Sacha – ich habe noch eine weitere Freundin …”

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Der Wundertäter gab mir im Übrigen recht: Es gibt keine Schönheit an sich. Auch Jugend macht nicht schön – ES KOMMT IMMER NUR AUF DEN TYP AN und die dem Typ entsprechende Lebenseinstellung. Auf die Typin, wenn man(n) es genau nehmen will.

Mehr noch: Wenn ein Mann – wie in einem uns gemeinsam bekannten Falle – am liebsten mütterliche Beziehungen hat und die Frau, die er zuvor auf einer Partnerbörse fand, gern bereit ist, die “Mutter” in zu spielen, ist es für diese Frau doch geradezu contra-produktiv, sich von Mutti auf Lolita operieren zu lassen. Auch aus einem Luder operiert man keine Lady.

Wir Männer verstehen uns, obgleich der Wundertäter relativierte:

“… aaaber, ich habe eine Familie zu versorgen.”

Stimmt. Es gibt immer einerseits und andererseits. Und wenn ein Ukrainer sagt, er habe eine Familie zu versorgen, klingt das zehnmal schwerwiegender, als wenn ein Deutscher das gesagt hätte.

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Zugegeben: Trotz allen Wissens, staune ich immer wieder ob der Aufregung, die ein Wundertäter hervorruft. Was sich derzeit alles in der Nähe Rezeption “seines” Berliner Hotels aufhält, um einen Termin zu ergattern! – WAHNSINN!

Würde ich Saschas geheime Telefonnummer bei eBay versteigern, könnte auch ich eine ukrainische Familie versorgen.

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23 Uhr waren wir wieder zu Hause.

“Bin ich froh, dass du schön bist”, sage ich zu meiner Frau.

So sparen wir eine Menge Geld. Von Natur aus sozusagen.