Russisch-ukrainische Logik

Der deutsche Stabilisator trägt den Namen Zweifel.

Die Deutschen haben – glücklicherweise – zwei gewaltige Kriege verloren, dergestalt dass denen bei allem gestalterischen Denken stets ein „NIE WIEDER!“ dominiert. Unterbewusst bei jeder Entscheidung, die eine Struktur zur Folge hat.

Die Russen – dagegen – durften sich seit der Eroberung von Kasan durch Iwan dem IV (Grosny, falsch übersetzt: dem Schrecklichen, richtig übersetzt: dem Furchteinflössenden) immer als Sieger der Geschichte fühlen.

– Randnote: Ausgerechnet der Tag, an dem die Russen offensichtlich wie Hasen von den Schlachtfeldern türmten, wurde zum Tag der Roten Armee und wird heute mit viel Pomp gefeiert. RUHM UND ERDE – PATHOS! –

Immer gewonnen zu haben ist kontraproduktiv, weil es Zweifel verhindert. Zweifel ist aber ein substanzielles Element von Struktur. Die gedankliche Gegenprobe zum anstehenden Handeln.

Zu Zeiten, da die meisten Deutschen noch glaubten, gleich hinter Polen beginne bereits Russland, schrieb ich zahlreiche unbeachtete Beiträge zur Ukraine. Insbesondere in den Jahren 2004 und den folgenden wunderte ich mich, dass dieses Land nicht auseinander bricht, so wie es damals logisch wäre und heute geschieht.

Reisende soll man nicht aufhalten. Es macht kein Sinn gegen Emotionen zu regieren, Hass ist stets größer als jeder Gestaltungswille und unter Brüdern ist meist der Hass am größten. Zu versöhnen sind sie jedenfalls nicht.

(Was im Übrigen nichts mit Putin zu tun hat.)

Komische Zu- und Abneigung

Ich viewe public.

Plötzlich und überraschend: Gucke letzten Spieltag der Bundesliga, wünsche mir – grundlos – für Braunschweig die Relegation (?), für Hamburg den Abstieg (?) und bleibe bei Herthas 0:4 gleichgültig.

Die Macht der TV-Bilder macht dem unvoreingenommenen Zuschauer irrationale Empfindungen. Zu Braunschweig hatte ich Zeit meines Lebens nie eine Beziehung, der HSV war in meiner Jugend Kult und zu Hertha bin ich früher sogar hingegangen – hinein ins Stadion, mitten unter Fans.

Hertha, die ich einst zu Siegen brüllte, sind mir – warum auch immer – schnurzpiepegal.

Die tote Demokratie-Idee

30. Tag

Potsdam. Wahlkampf. Erste Losungen sind an den Straßen befestigt.

fdp_labern

 

“Weniger labern, mehr machen”

Eine Idee wird erschossen wie Robert Blum, welcher noch lange nach seinem Tod als demokratischer Märtyrer verehrt ward, als Leitfigur der Demokraten Deutschlands, als Lichtgestalt der Geburt einer ersten deutschen Demokratie.

„Ideen können nicht erschossen werden“, sagt Blums Mitstreiter Franz Jellinek nach dessen Tod. Aber Ideen können kaputt gehen – beobachte ich derzeit – durch Desinteresse und Sastoi (застой) (wie jeder aufrechte Russe zu sagen pflegt, wenn er Gedanken-Stagnation meint).

Die Losung der FDP müsste – eigentlich – “Mehr reden!” lauten.

Ach-ja und: “Mehr machen” ist kein demokratischer Wert. Weil die Nachunskommenden jedes unüberlegte “mehr Gemachte” einmal seufzend korrigieren müssen.

Erste Mahler

11. Tag

“Wer zuerst kommt, mahlt zuerst.”

Alte Mühlenweisheit.

Es ist zugleich auch das Erste, was mir heute, beim Sichten des ersten Wahlplakates, anlässlich der anstehenden Brandenburger Kommunalwahlen einfällt.

buerger

Wer zuerst kommt, gewinnt die meiste Aufmerksamkeit und ich gebe zu: Eigentlich wollte ich mich über diesen Verein lustig machen, bzw. über dessen Claim. “Bürger ins Rathaus wählen!” – Ja was denn sonst? Untote vielleicht? Filz?

Besser ein Bürger als ein Würger!”, texte ich, gucke im weltweiten Netz nach, was die Bürger wollen und – Chapeau! – diese Partei verfügt – entgegen meinem Vorurteil – über eine ziemlich coole Homepage.

Laut Impressum ist die Präsentation von einer Firma namens VCAT Consulting – High Quality Web Solutions programmiert wurden, welche ihrerseits – offensichtlich – gut programmieren kann, aber – das ist der Gram eines jedes Migranten, der etwas Deutsch kann – sich offenbar nicht auszudrücken versteht:

“… Neben der Konzeption der Datenbank programmieren wir Webseiten, die die Daten aufbereitet visualisieren bzw. die die Eingabe von Daten ermöglichen. …”

“Die-die-Da”, “die-die-Ei” ~ Der Text ist Nonstop Nonsens.

Öhm ~ was war noch mal das Thema?

Gassi, Wahl und Programmierung – ~ …

Es geht jetzt wieder los!

Gastarbeiterfans

Wenn die Eisbären auswärts spielen, reisen viele Fans mit, um “ihre” Mannschaft anzufeuern. Zwei Busse mindestens. Und neulich, in Wolfsburg, geriet das Spiel vor zich-tausend Mitgereister aus Berlin sogar zum Auswärts-Heimspiel.

Seit Straubing weiß ich, dass ein Teil der Berliner Fans gar nicht aus Berlin kommt. Ich – der zuvor 5 Stunden angereist war – begann nämlich einen Schwatz gegenüber Eisbären-Fans mit den Worten:

“Und? Wie lange seit ihr so angereist?”

“’ne Stunde etwa.”

@???

“Wir kommen aus Regensburg.”

@???

“Na ja, eigentlich bin ich aus Schwerin, andere hier sind aus Neubrandenburg – wir leben nun in dieser Gegend und kommen immer, wenn die Eisbären da sind. Als MacPommer sind wir für Dynamo, denn Dynamo ist die einzige Mannschaft, die von uns [sic!] in der DEL spielt.”

@!!!

* * *

Vorgestern in Mannheim. Lange vor dem Spiel: Ein Typ mit Eisbären-Schal steht rum und langweilt sich. Wir kommen ins Gespräch und ich erfahre, dass er – eigentlich – aus Chemnitz ist. “Aus dörrr DDR-Stodt mit den drei O”, witzelte ich prompt auf sächsisch, was er mit Grinsen quittierte.

Als einige Umstehende guckten als hätten sie diesen Witz noch nie gehört, lösten wir gemeinsam auf:

“Chemnitz war früher Gorl-Morx-Stodt – De eenz’che Stodt in dor janzen DDR mit drei O im Namen!”

* * *

Hansa Rostock wurde im Oktober 1995 mit einer Platzsperre belegt. Sie mussten ihr nächstes Heimspiel auswärts abhalten – im Berliner Olympiastadion – und hatten somit vor 58.492 Zuschauern ein doppeltes Heimspiel (was im Übrigen für Hansa einen neuen Zuschauerrekord bedeutete). Gekommen waren zahlreiche Fans von anderen ehemaligen DDR-Oberligaklubs, ehemals feindlich gesinnten sogar, was im Berliner Olympiastadion bunt zu sehen war, insbesondere durch gemischte Vereinsfarben und Spruchbändern, wie “Halle grüßt Hansa Rostock!”. Dazu babylonisches Sprachengewirr in allen Mundarten Mitteldeutschlands.

* * *

Gemeinsam erlebte Geschichte ist immer sehr nachhaltig, Blut ist dicker als Wasser und <vollpfostengag>Dynamo ist die Hauptstadt von Berlin</vollpfostengag>.

Mannheimer Treue

Komme gerade aus Mannheim – ~~~ – SIEG! (3:2 für die Bären).  …

Worum es aber im Weiteren nicht gehen soll. Sondern statt dessen darum, dass neben mir eine kleine hübsche Mannheimerin saß, die so ziemlich genau in mein altes Beuteschema passte: Klein, asiatische Gesichtszüge, schöne Haut – demgegenüber aber Brüste wie Dr. Bernadette Maryann Rostenkowski-Wolowitz aus “The Big Bang Theory” (Melissa Rauch) und darüber hinaus ausgestattet mit der femininen Variante des freundlich-glucksenden Timm-Thaler-Lachen …

Wir waren uns scheinbar gegenseitig sympathisch. Doch: nichts geschah.

Nix, nix und nochmals: nix!

Erfahrung lehrt.

Wohl auch, weil ich mich innerlich ständig anmurmelte:

“Du bist verheiratet. Dein Leben ist schön. Du bist glücklich. Du bist ein guter Mensch. Du machst keinen Unfug. Deine Frau ist schön. Du bist zufrieden. ….”

Andererseits – füge ich eitel hinzu – wäre ich gestern noch so dick wie im Oktober, wäre ihr Interesse wohl geringer.

Gewichtsverlust macht eitel.

Entwarnung und Sorge

Bisher ist keinem meiner Freunde in Kiew etwas zugestoßen. Nur: Ein Kumpel hat sich – “sicherheitshalber”, wie er mir skypte – ein Gewehr und etwas Munition besorgt, welches er mir im Video-Chat stolz präsentierte.

“Der ukrainische Mann muss sein Hütte verteidigen können. Das ist er seiner Familie schuldig.”

Ansonsten erkennt man den IQ der Menschen an Begrifflichkeiten. “Wann hört endlich das Marodieren [sic!] auf?” fragt die dicke Natascha auf Facebook.

“Egal was kommt – was kommt wird schlimmer sein”, weiß Juri und trifft damit ins Schwarze. Die Ukraine kennt nicht die Kunst des Kompromisses. Es muss immer einer gewinnen, wobei der Gegner untergehen muss.

Ich selbst halte das gestrige Bild von den Saporoscher Kosaken, die einen Brief an Frank-Walter Steinmeier schreiben, als gelungenes Gleichnis. Insider-Gag.

brief an sultan

Inzwischen wissen die Ukraine, dass sie von Europa nichts zu erwarten haben. Und alles bangt dem Ende der Olympischen Winterspiele entgegen. Wenn Sotschi vorbei ist, wird in Kiew aufgeräumt.

Exterritoriales Gebiet

Stell dir vor es ist Krieg und Ralf Zacherl kocht oder Markus Lanz talkt.

kiew krieg19 Jahre in summa lebte ich in Osteuropa, davon 8 Jahre in der Ukraine. Nun ist dort Bürgerkrieg, 18 Leute starben bereits, viele Demonstranten sind verletzt und der Deutsche Außenminister erklärt dem bösen Mann wörtlich:

„…wird damit rechnen müssen, dass Europa die bisherige Zurückhaltung bei persönlichen Sanktionen überdenken muss“

Aja, Mutti hat Steinchen im Keller. Und wer nicht artig ist, bekommt es mit Europa zu tun.

Ratz-Fatz ist der deutsche Krieger am Hindukusch oder in Afrika. Dagegen werden in Europa “persönliche Sanktionen” – was auch immer das sein soll – tapfer “überdacht”. 

Die Antwort sollte nicht lange auf sich warten lassen:

repin kosaken schreiben brief

Janukowitsch und Freunde schreiben einen Brief an Frank-Walter Steinmeier

Hot. Cool. Yours

Im Original lautet der Slogan “Жаркие. Зимние. Твои.” , wobei “Зимние” der russischen Vokabel “Winterliches” entspricht. Es sollen demnach “heiße Winterspiele” werden, derweil sich der Hot-Cool-Yours-Slogan mehr nach Ritter-Sport anhört, als nach Olympia.

Quadratisch. Praktisch. Jacke wie Hose: Die Show beeindruckte mich.

Allein 3.000 Mitwirkende – sie alle sind Volontäre, sie alle müssen proben, übernachten, essen, trinken, “hin- und zurückgebracht” werden. Die Choreografie, das Konzept, die Ablaufpläne, das Timing – WAHNSINN!

russische föderation

(Bildquelle: Drugoi.livejournal.com)

Erstaunt hat mich der scheinbare Paradigmenwechsel: Russland definierte sich in seiner Bedeutung stets durch kriegerische Siege, insbesondere durch den 1945er heldenhaft-heldischen Sieg des Großen Vaterländischen Krieges – SLAWA! – aber der schien eher in den Skat gedrückt.

Statt dessen nahm man Bezug auf Malewitsch und Kandinski [sic!], besann sich auf Zaren Peter und Katharina …

Aber – vermute ich – die Abschluss-Zeremonie fällt auf den 23. Februar auf den “Tag der Verteidiger des Vaterlandes” und die Abschieds-Zeremonie wird wohl Bezug auf russischen Heldeschrumms nehmen. Wir dürfen neugierig sein.

Redirection Activity

Ausgerechnet heute folgt das Leben einem Sheepworld-Motto.

Ohne Sieg ist alles doof.

Krabbelkäfer doof, Baum doof, Sonne doof, Schmetterling doof …

9 Spieler sind verletzt – aber muss man deswegen gleich verlieren!? Als Meister? Als König unter den Bären? Als Testsieger unter den Testsiegern? Als Bayern München unter den Mercedessen? – Auch noch gegen Schwabe, d man in dr Haubdschdadd scho alloi deshalb nedd mag, weil sie si gar nedd ersch bemühe, hochdeidsch z schwätza.

 

(Übrigens: Die schwäbische Übersedzung von „doof“ ist „doof„, was wieder einmal beweist: Doof bleibt doof!)

2014-01-05 17.51.16Natürlich war danach das Essen doof! Also: Vorspeisen – doof; Wels – doof; Tafelspitz – doof; Preiselbeersahne – doof; Gazpacho – doof; Tom Yang Gung – doof; Gnocci – doof; Kabeljau – doof …

Da ohnehin alles Wurscht – ohne Sieg ist alles doof! – ließ ich mich blöderweise zu einer Fressattacke hinreissen und schaufelte das Speisenangebot der Lounge ungesteuert in mich hinein. Dabei den Neujahrsvorsatz für 2014 bis Dezember weitere 10 Kilo abzunehmen spontan über den Haufen werfend.

Was nützt es die schon schlank zu sein, wenn deine Mannschaft verliert?!„, sagte ich mir und finde das gleichzeitig doof. Doof-doof sozusagen.

Schlafen – doof; Aufwachen – doof; Kaffee – doof …

Am liebsten würde ich heute einen Radfahrer anbrüllen. Besser noch: zwei.