Die Probeevakuierung

Da schreibt man so seine Beiträge und bemerkt erst beim Schreiben, wer oder was im eigenen Leben prägend war.

Bei mir war es – wie bereits geschrieben – Tatjana Andrejewna, meine Mathelehrerin. Sie hatte zu jeder Matheaufgabe den passenden Spruch, wie den vom Freund des Feindes, der nie so richtig Freund sein könne oder:

Je komplizierter die Übung – desto leichter der Kampf!

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Eigentlich war einfach nur der Kaffeetopf leer.

“Ich gehe rasch Kaffee kaufen”, sagte ich daher. Dass ich bei dieser Gelegenheit gleich auch “rasch” noch Äpfel mitbringen könne, befand Lara.

“Ach, ~ und Hefeteig, ~ und Mineralwasser, und ~ Geld vom Automaten, ~ und, und, und …”

Der sowjetische Spruch von jeder “sich selbst strafenden Initiative” fiel mir spontan dazu ein und ich zottelte los. Fand Äpfel, suchte “ihren” Hefeteig, den ich nicht fand ~ als eine aufgeregte Stimme über das real-Bordmikrofon rief:

“Die 33 an die 720 bitte – die 33 an die 720 bitte – die 33 an die 720 bitte -die 33 an die 720 bitte – …”

Später wurden wir Kunden gebeten:

“Wir bitten Sie umgehend das Gebäude zu verlassen”

“Was issen los?”, fragten einige Kunden – “das nur ist eine Übung” antwortete denen eine Frau, die aussaht, als sei sie die Chefin vons Janze. Derweil ich mir Gedanken, ob der Vokabel “umgehend” mache:

Wie kann man ein Gebäude “umgehend” verlassen?

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Heute wird man in der Zeitung lesen, dass niemand wusste, dass es sich um eine Übung handelte:

probe-evakuierung

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Eine der Durchsagen machte mich wütend:

“Liebe Kunden, es gibt keinen Grund zur Aufregung …”

gernot_hassknechtJa, wie soll man sich da nicht aufregen?! ICH BRAUCHE KAFFEE, IHR DUMPFBACKEN, IHR! ICH BRAUCHE KAFFEE ODER MEIN AUTO, DAMIT ICH WOANDERS KAFFEE KAUFEN KANN … – …

Ist das etwa kein Grund?

Und: Alles nur, weil die 33 nicht an der 720 war.